Samstag, 25. Februar 2012

Die erste Übung

Es ist ganz schön seltsam, nach einer Vorgabe zu schreiben. Die Übungsaufgabe bestand darin, sich einen sogenannten "Trickster" auszudenken. Also jemand, der geschickt, schlau, listig, verlogen und intrigant ist... einen Halunken, Bauernfänger, Gauner oder Schelm. Das hier ist dabei herausgekommen:

Bruderliebe

Mit geschärftem Blick beobachte ich die gegenüberliegende Straßenseite und ziehe einmal kurz an der Zigarette, die ungeübt zwischen meinen Fingern steckt. Angewidert entlasse ich den Rauch aus meinem Mund, ohne ihn inhaliert zu haben, dann werfe ich die Kippe auf den Asphalt und trete sie mit der Schuhspitze aus. Ich bin Nichtraucher, schon immer gewesen. Warum ich hier dann mit diesem Teufelszeug stehe? Mein Bruder raucht. Das einzige Laster, das er überhaupt hat. Und um meinem Auftritt einen perfekten Anstrich zu verpassen, muss ich nach Rauch stinken – pardon, riechen. Ich habe mir für mein Vorhaben sogar einen Anzug zugelegt. So einen, wie mein Bruder ihn zu tragen pflegt. Schwarz, mit Nadelstreifen. Langweilig und… spießig. Seit Wochen bereite ich mich auf diesen Moment vor.

Von Kindesbeinen an habe ich stets Wert auf Originalität und vor allem Einzigartigkeit gelegt. Das ist gar nicht so einfach, wenn man einen Bruder hat, der einem gleicht, wie ein Ei dem anderen, denn ich fühlte mich mein ganzes Leben lang um genau diese Einzigartigkeit, die für jeden anderen Menschen eine Selbstverständlichkeit darstellt, betrogen. Ich glaube, ich habe es von der ersten Sekunde an gehasst, ein Zwilling zu sein. Deswegen war ich – und bin es noch -  immer darum bemüht, mich von ihm zu unterscheiden. Ich habe einen komplett anderen Typ aus mir gemacht. Blond, mit langen Haaren, Dreitagebart, Jeans, T-Shirt… Jahrelang habe ich meinen Bruder genauestens studiert, um so wenig wie möglich Gemeinsamkeiten mit ihm zu haben. Ich kenne ihn mittlerweile vermutlich sogar besser, als er sich selbst.

Auch vom Wesen her sind wir grundverschieden. Ich nehme die Dinge um mich herum nicht so bierernst, ich möchte einfach meinen Spaß haben. Und wenn dabei jemand auf der Strecke bleibt, dann ist das zwar bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern. Manch einer, sogar meine Eltern, mögen mich deswegen für unreif und rücksichtslos halten. Aber ich genieße das Leben in vollen Zügen und gedenke nicht, daran etwas zu ändern. Mein Bruder hingegen gehört zu diesen ernsten Menschen, für die Spaß oder Freude so etwas wie ein Sakrileg darstellt. Wahrscheinlich geht er zum Lachen sogar in den Keller, ich habe ihn zumindest in den vergangenen Jahren nicht ein einziges Mal herzhaft lachen hören. Allenfalls ein amüsiertes Zucken um die Mundwinkel kann man ihm in sehr seltenen Fällen entlocken. Dennoch ist er erfolgreich und beliebt. Letzteres ist mir unbegreiflich, wer kann einem solch trockenen Knochen schon etwas abgewinnen? Er ist sogar seit kurzem verheiratet, keine Ahnung, wie er es geschafft hat, dass sich eine Frau wie Judith ausgerechnet in ihn verliebt.

Versteht mich nicht falsch, ich hasse meinen Bruder nicht, ich mag ihn nur nicht besonders. Einige unter euch werden jetzt vermutlich irgendwas von ‚Neid‘  und ‚Eifersucht‘ faseln. Vergesst es, schiebt euch diesem Psychoscheiß sonst wo hin, oder erzählt es jemandem, den es interessiert.

Eine Bewegung auf der anderen Straßenseite lässt mich tiefer in den Hauseingang treten, in dem ich seit einigen Minuten stehe und warte. Abel verlässt soeben das Gebäude, geht einige Schritte nach links, steigt in seine Angeberkarosse und ist wenige Momente später an der nächsten Kreuzung - und somit aus meinem Blickfeld verschwunden.

Ich streiche noch einmal prüfend über das Revers meines Jacketts und bewege mich schließlich über die Straße auf den Hauseingang zu, aus dem mein Bruder soeben getreten ist. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss und trete ein. Abel weiß nicht, dass ich einen Schlüssel habe, sonst hätte er ihn mir längst abgenommen. Behände steige ich die Treppen hinauf und öffne die Wohnungstür. Der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee kommt mir entgegen und ich höre Judith in der Küche leise summen. An der Garderobe werfe ich nochmals einen prüfenden Blick in den mannshohen Spiegel und möchte mich am liebsten übergeben. Das exakte Abbild meines Bruders starrt mir entgegen. It’s Showtime!

Sechs Wochen später…

„Judith und ich haben euch etwas mitzuteilen“, eröffnet Abel feierlich und das erste Mal seit Jahren sehe ich ihn Lachen. Ein ehrliches, glückliches Lachen. Wir sind bei einer dieser stinklangweiligen Familienzusammenkünfte, die unsere Eltern einmal im Monat abhalten. „Wir…“, Abel holt kurz Luft, „werden Eltern“, mit blitzenden Augen sieht er stolz von einem zum anderen. Auch Judith strahlt und sie sieht bezaubernder denn je aus.

Ich rechne kurz nach und lächle hintergründig. Unsere Eltern sind derweil außer Rand und Band. Mama weint vor Glück und kann sich nicht entscheiden, ob sie zuerst Abel oder Judith in die Arme nehmen soll. Schließlich umfasst sie einfach beide und lässt ihren Tränen freien Lauf. Vater klopft meinem Bruder anerkennend auf die Schulter und sagt etwas zu ihm. Ich kann es nicht verstehen, es interessiert mich aber auch nicht. Ich komme mir irgendwie ausgegrenzt vor und geselle mich irgendwann dazu, um meine Glückwünsche auszusprechen.

Später, als sich alle wieder etwas beruhigt haben, erwische ich Abel alleine in der Küche meiner Eltern. „Ihr wirkt glücklich“, sage ich und sehe durch das Fenster der Katze meiner Eltern zu, wie sie durch das hohe Gras stakst.

„Das sind wir auch“, erklärt er lächelnd.

„Bist Du Dir auch sicher, dass der Braten in der Röhre Deiner ist?“, will ich wissen. Meine Mundwinkel zucken spöttisch.

Abels Lächeln gefriert auf seinem Gesicht. „Was soll das, Adam?“

Ich zucke mit den Schultern und antworte: „Kannst Du Dich noch an Deine Geschäftsreise vor ein paar Wochen erinnern?“

Er wirkt alarmiert. „Was willst Du mir damit sagen?“

Ich grinse. „Sagen wir mal so: ich habe Dich einen Tag und eine Nacht lang würdig vertreten. Und keine Angst, Judith hat mich die ganze Zeit über für Dich gehalten.“ Das stimmt sogar, sie machte für keine einzige Sekunde den Eindruck, als hätte sie meine Scharade durchschaut. Nun gut, die beiden kennen sich noch nicht so wahnsinnig lange und mit mir persönlich, hatte sie die ganze Zeit über so gut wie nichts zu tun.

Abel starrt mich ungläubig an. Jegliches Blut scheint aus seinem Gesicht zu weichen. „Nein, hast Du nicht“, röchelt er. „Das würdest nicht einmal Du tun!“

Ich lehne mich weiter zu ihm und flüstere in sein Ohr: „Ich kann Dir sagen, an welcher Körperstelle Deine Frau ein sehr ungewöhnliches aber wahnsinnig sexy Muttermal hat. Hast Du schon einmal darüber geleckt und geschmeckt, wie wunderbar ihre Haut an dieser Stelle schmeckt?“

„Halt Deine verdammte Schnauze!“, zischst Abel sichtlich um Haltung bemüht. Er ballt seine Hände zu Fäusten und ich bin mir sicher, dass er mir mehr als nur die Nase brechen  würde, wäre unsere Familie nicht nebenan versammelt und würde Pläne für das ungeborene Kind schmieden. Seine Augen blitzen und ich sehe darin Wut und pure Verzweiflung.

„Ich hätte Deiner süßen Judith gar nicht zugetraut, dass sie so abgehen kann. Eine richtige kleine   Wildkatze hast Du Dir da angelacht“, setze ich noch einen obendrauf.

„Warum tust Du das?“, bricht es aus Abel plötzlich gequält hervor. Seine Schultern kippen nach vorn und ich erlebe ihn das erste Mal den Tränen nah. „Es ist mein Baby.“ Ich bin mir nicht sicher, ob er damit mich oder eher sich selbst überzeugen möchte.

„Aber Du kannst es niemals mit absoluter Sicherheit wissen, nicht wahr, Bruderherz?“, flüstere ich nicht ganz so gehässig, wie ich es eigentlich möchte. Irgendwie tut er mir nun doch ein wenig leid. Dennoch wende ich mich ohne ein weiteres Wort ab. Deutlich fühle ich, wie mir sein hasserfüllter Blick geradezu ein Loch in den Rücken brennt, bevor ich zufrieden lächelnd die Küche verlasse.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Schule des Schreibens

So, ich habe es getan. Seit heute gehe ich also tatsächlich unter die Schüler. Den Ausschlag dazu hat eigentlich mein Mann gegeben, weil er meinte, es sei mal Zeit Nägel mit Köppen zu machen. Und dabei hat er noch nicht einmal eine einzige Zeile meines Gekritzels gelesen. Nicht, weil er kein Interesse daran hätte, sondern weil ich es nicht wollte. Es hört sich vielleicht komisch an, aber mir ist wohler dabei, wenn jemand Fremdes meine Geschichten liest, als jemand, der mich so gut kennt, wie seine eigene Westentasche.

Heute beginnen für mich also aufregende 30 Monate Roman-Werkstatt! *bibber*

Dienstag, 14. Februar 2012

Nun bin ich...

... also auch unter die Blogger gegangen. Ich weiß gar nicht so recht warum, vielleicht damit ich Facebook nicht so vollmülle. ;-)

Scherz beiseite, demnächst startet bei mir ein längeres Projekt. Näheres gibt's in ein paar Tagen.