Sonntag, 22. April 2012

Einsendeaufgabe RO02 (Korrektur)

Inzwischen habe ich die Einsendeaufgabe zurück. Die erste Geschichte hat meiner SL sehr gut gefallen. Sie meinte, die Prämisse hätte ich gut umgesetzt. Bei der zweiten Geschichte jedoch hat es nicht so gut gepasst. Man erkennt den Hochmut nicht. Der baldige Ex-Mann kann im Grunde aus Groll oder Enttäuschung sonstwas erzählen. Caroline tut nichts, damit man auch wirklich weiß, dass der Erzähler die Wahrheit spricht. Er gilt in diesem Fall als 'unzuverlässiger' Erzähler.
Auch den Rest der Prämisse habe ich nicht so gut getroffen, die Frau ist am Ende tot und hat nichts daraus gelernt.

Also habe ich die zweite Geschichte umgeschrieben. Ich hoffe, es ist mir diesmal besser gelungen. ;-)

Die geschlossene Wolkendecke lässt keinen einzigen Sonnenstrahl hindurch. Das Wetter ist ebenso düster wie meine Stimmung. Ich habe schlecht geschlafen, zudem hat es die ganze Nacht geregnet, und die Straßen sind immer noch nass. Manche Autofahrer scheinen eine geradezu diebische Freude daran zu haben, besonders tiefe und große Pfützen so zu durchfahren, dass möglichst viele Fußgänger eine unfreiwillige und obendrein schweinekalte Dusche abbekommen. In der Ferne ist ein Martinshorn zu hören. Nichts Besonderes - in einer solch großen Stadt passiert immer irgendetwas. Eine kleine, schwarzhaarige Passantin neben mir nutzt die Rotphase, um einige Züge von ihrer Zigarette zu nehmen. Ihr Lippenstift hinterlässt ein unregelmäßiges Muster auf dem Filter. Der Rauch weht in meine Richtung. Ich drehe den Kopf von ihr ab und der Reklametafel des Starbucks auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu. Dorthin möchte ich, um meinem Kollegen und mir einen Kaffee zu holen. Warum muss ich das eigentlich immer machen? Nur weil ich das einzige weibliche Wesen in unserer Abteilung bin, heißt das noch lange nicht, dass ich als Mädchen für alles herhalten muss. Obwohl, wenn ich ehrlich bin, macht mir das nicht halb so viel aus, wie ich alle glauben lasse. Im Grunde liebe ich diesen chaotischen Männerhaufen nämlich und genieße es, eine Art Sonderstellung zu haben, auch wenn das bedeutet, dass ich von Zeit zu Zeit Botengänge aufs Auge gedrückt bekomme.

Lautes Geschrei von der anderen Straßenseite reißt mich aus meinen Gedanken. Ein weißer Audi R8 fährt heran und gibt kurz vor einer Pfütze ordentlich Gas. Die Passanten in vorderster Front setzen erschreckt und zornig zugleich zurück, doch für die meisten ist es zu spät. Viele sind nass, von Kopf bis Fuß. Im ersten Augenblick sehe ich dem Insassen einfach nur fassungslos zu, wie er die Scheibe herunterlässt und einen Arm hinausstreckt. Sein Mittelfinger ragt steil in die Höhe. Ich kenne diesen Kerl, jeder kennt ihn, er ist der jüngste Spross eines hiesigen Großunternehmers. Stinkreich und mindestens ebenso überheblich. Durch seine Eskapaden hat er sich schon des Öfteren negative Schlagzeilen eingehandelt. Ich beuge mich etwas weiter vor und erkenne gerade noch, wie er mit viel zu hoher Geschwindigkeit in einen Parkplatz rast und dabei fast eine ältere Frau über den Haufen fährt. Sie erschrickt sich so sehr, dass sie stürzt. Ihre Einkäufe verteilen sich auf dem nassen Asphalt. Sogleich ist sie von einer Handvoll Fußgänger umringt, die aufgebracht dem Fahrer hinterher schreien.

Ich mache auf dem Absatz kehrt und blicke zu meinem Kollegen, der immer noch im Wagen sitzt und die Szenerie ebenfalls beobachtet hat. Er versteht mich sofort und steigt aus dem Auto. Gemeinsam gehen wir auf den Audi zu.
Der junge Fahrer lässt lässig die Scheibe herunter, als er uns näherkommen sieht. „Frau Kaiser! Welch eine Freude, sie zu sehen“, beginnt er mit unechter Freundlichkeit. Ich lächle unverbindlich und strecke unbarmherzig die Hand aus. „Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte!“

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