Ho-ho-ho ... hier ist mein Beitrag zum blogübergreifenden Adventskalender. Ich hoffe, die Story gefällt euch. ;-)
Türchen Nummer 11
Eine zweite Chance?
Noch bevor
ich um die Ecke biege, ahne ich, welcher Anblick sich mir gleich bieten wird.
Und ich behalte recht. Dort kauert er und es tut mir in der Seele weh, ihn so
zu sehen. Sein Kopf ist nach vorn gebeugt
und die Knie stecken im Schnee. Die Hose dürfte längst schon völlig durchnässt
sein, aber ich denke, er spürt es noch nicht einmal. Die Kälte in seinem Innern überdeckt alles
andere. Immer noch.
Ich bleibe
direkt hinter ihm stehen. Mein Blick fällt auf den Grabstein. Stefan Mayer
steht da in den Schieferstein gemeißelt – darunter Geburts- und Todestag, sonst
nichts. Hilflos starre ich auf den Mann vor mir. Seine Schultern beben. Man
muss kein großer Beobachter sein um zu erkennen, dass er weint.
Auch in mir
steigen die ersten Tränen hoch. Nicht weil ich den Verstorbenen so sehr
vermisse, sondern weil Timo es tut. Ich würde alles dafür geben, um ihm helfen
zu können, doch die Lücke, die Stefan hinterlassen hat, kann niemand schließen,
ich vermutlich am Allerwenigsten. Auf den Tag genau ist es nun ein Jahr her,
seit Stefans Leben durch einen völlig übermüdeten LKW-Fahrer ein jähes Ende
gefunden hat. Für Timo ist an diesem Tag eine Welt zusammen gebrochen. Einen
Monat zuvor hatten sie ihr Fünfjähriges gefeiert. Ich kenne keine zwei Menschen,
die so sehr zusammen gehörten wie diese beiden … außer vielleicht das Vorzeigepaar schlechthin – Axel und
Manuel. Irgendwann musste auch ich akzeptieren, dass Timo allenfalls ein guter
Freund, jedoch niemals mehr sein würde.
Wir kennen
uns, seit wir Teenager waren. Die Szene in unserer Gegend ist recht
überschaubar, so dass man sich als experimentierfreudiger Jugendlicher
zwangsläufig über den Weg laufen muss. All die Jahre hatte ich vergeblich
gehofft, dass aus Timo und mir etwas werden könnte, doch dann kam Stefan und
hat meine Hoffnungen wie eine Seifenblase zerplatzen lassen. Ich habe Timo nie
gesagt, was ich für ihn fühle. Wenn ich eine Chance gesehen hätte vielleicht …
so aber blieb mir nur für ihn da zu sein, wenn er mich brauchte – und als
Stefan nicht mehr war, hat er mich gebraucht.
Ich strecke
eine Hand aus, lege sie Timo auf die Schulter und drücke leicht zu.
„Woher
wusstest du, wo ich bin?“ Seine Stimme klingt erstickt.
„Ich wusste
es nicht, aber ich habe es vermutet.“ Ich nestle in meiner Jackentasche, ziehe
ein Päckchen Papiertaschentücher hervor und reiche es ihm.
Er nickt,
nimmt ein Tempo aus der Packung und schnäuzt seine Nase.
„Komm“, ich
wische ihm eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht, „ich bring dich nach Hause.“
Nahezu willenlos erhebt er sich und lässt sich von mir zum Auto führen.
Es dauert
eine gefühlte Ewigkeit, bis wir endlich in Timos Straße ankommen. Vielleicht kam
mir die Fahrt auch nur deswegen so lange vor, weil er die ganze Zeit über
keinen einzigen Ton von sich gegeben hat. Die ganze Strecke über saß er auf dem
Beifahrersitz, die Hände im Schoß verschränkt und hat aus dem Seitenfenster
gestarrt.
Ich bugsiere
meinen Renault in eine Parklücke, schalte den Motor ab und sehe zu ihm hinüber.
Endlich wendet er sich vom Fenster ab und blickt mich an. „Danke“, sagt er mit
einem etwas missratenen Lächeln im Gesicht.
Ich winke schnell
ab. „Schon okay.“
„Nein, lass
mich bitte ausreden. Ich bedanke mich nicht fürs Herbringen, sondern dafür,
dass du für mich da bist, wenn ich dich brauche, aber vor allem, dass du mich
in Ruhe lässt, wenn ich nicht reden möchte. Ich weiß nicht, wie ich die letzten
Monate überlebt hätte, wenn du nicht gewesen wärst. Danke, dass du mein Freund
bist, Bene.“
„Dafür sind
Freunde doch da, oder?“, erwidere ich lächelnd, weil mir nichts Besseres
einfällt. Ich war noch nie ein Mann großer Worte. Timo ist derjenige, der mit
Worten umzugehen weiß, mit einer solchen Ansprache hätte ich allerdings nicht
gerechnet. Nicht hier und nicht ausgerechnet heute.
„Kommst du
noch mit hoch?“, fragt er plötzlich, als er mit einem Bein schon aus dem Auto
gestiegen ist.
Was für eine
Frage, natürlich komme ich mit hoch. Ich nicke nur und versuche mir meine
Freude nicht allzu sehr anmerken zu lassen.
Timo wohnt
in einem Mehrfamilienhaus, das viel Gemütlichkeit ausstrahlt. Außer ihm,
bevölkern fünf weitere Familien das Haus. Er teilt sich das Stockwerk mit einem
älteren Ehepaar. Überrascht halte ich inne, als ich die beiden üppig
geschmückten Eingangsbereiche sehe.
„Wann …?“
Er zuckt mit
den Schultern. „Heute Morgen. Mir war einfach danach … und da ich ohnehin
gerade dabei war …“ Er deutet mit dem Kopf auf den Eingangsbereich der gegenüber
liegenden Tür. „Frau Müller hat sich gefreut“, ergänzt er.
Innerlich
jubiliere ich. Seit ich Timo kenne, ‚lebt‘ er Weihnachten. Sobald der St.
Martins Tag vorüber ist, ist er normalerweise nicht mehr zu halten. Er hat mich
und auch Stefan regelmäßig in schiere Verzweiflung getrieben mit seiner fast
schon übertriebenen Schmück-Wut. Jetzt jedoch ist mir vor lauter Freude fast
zum Heulen zumute. Als Stefan letztes Jahr ums Leben kam, hat Timo sämtliche
weihnachtliche Dekoration in einen riesigen Müllsack gepackt und entsorgt. Dass
er nun in sein altes Verhaltensmuster zurückfällt, kann im Grunde nur bedeuten,
dass er langsam wieder auf die Beine kommt.
Er schließt
die Wohnungstür auf, drückt die Tür nach Innen und lässt mich eintreten. Wie
immer schlägt mir eine Hitzewelle entgegen. Timos Wohnung würde problemlos als
Biosauna durchgehen. Ich schäle mich schnell aus meiner Jacke, während Timo der
Tür einen leichten Stoß verpasst, damit sie ins Schloss fällt. Dann wendet er
sich ab.
„Ich muss
dringend aus der nassen Hose raus“, erklärt er.
„Soll ich
derweil Kaffee aufsetzen?“, biete ich an.
Timo dreht
sich noch einmal zu mir um. Ein schwaches Lächeln liegt auf seinem Gesicht.
„Das wäre lieb, danke“, antwortet er und verschwindet in seinem Schlafzimmer.
Ich zwinge
mich dazu, nicht die Tür anzustarren, hinter der Timo verschwunden ist und
betrete die Küche. Ich finde mich in Timos Wohnung gut zurecht, dementsprechend
gurgelt schon kurze Zeit später der Kaffee durch die Maschine. In den
vergangenen Monaten war ich oft hier. Nach Stefans Tod musste Timo die
gemeinsame Wohnung auflösen, da er sie alleine nicht mehr halten konnte. Es
erschien mir wie eine Fügung des Schicksals, dass er recht schnell diese Wohnung hier gefunden
hat. Sie ist sogar ganz in meiner Nähe, so dass ich im Notfall schnell bei ihm
sein kann.
Während ich
noch auf Timo warte, nehme ich zwei Kaffeebecher aus einem der Hängeschränke
und stelle sie neben der Maschine ab. Ich gebe in meine Tasse etwas Milch und
fülle beide mit Kaffee auf. Ich betrachte den Dampf und nehme einen Schluck. Mein
Kopf ist wie leergefegt. Ich versuche immer noch die Tatsache zu verdauen, dass
es Timo langsam besser zu gehen scheint, ohne dass sich gleich wieder größere
Hoffnungen breit machen. Einen Moment später bemerke ich Timo im Türrahmen.
Keine Ahnung, wie lange er da schon steht. Er sagt kein Wort, starrt mich nur
an. Er hat nicht nur die Hose gewechselt, sondern auch das Hemd. Die Ärmel sind
bis zu den Ellbogen hochgekrempelt und es ist … rosa. An jedem anderen Mann
würde diese Farbe vermutlich furchtbar aussehen, aber ihm steht es verdammt
gut. Er wirkt wie immer geradezu unverschämt männlich mit diesen pechschwarzen
Haaren und den ebenso dunklen Bartstoppeln. Er überragt mich um gut einen
halben Kopf.
„Was ist?“,
frage ich unsicher.
Er zuckt mit
den Schultern. „Ich habe nachgedacht …“ Plötzlich geht alles furchtbar schnell.
Timo nimmt mir die Kaffeetasse aus der Hand und drängt mich mit dem Rücken
gegen den Kühlschrank. Eine Leichtigkeit für ihn, er ist wesentlich kräftiger
als ich. Der Türgriff drückt sich unangenehm gegen meine Rippen, aber ich sehe
mich außer Stande, mich zu wehren. Dann nimmt er mein Gesicht in beide Hände
und küsst mich. Ich schließe die Augen und genieße. Diese Lippen sind um ein
Vielfaches besser, als in meinen kühnsten Vorstellungen, besser als alles, das
ich jemals erlebt habe. Sekunden oder auch Lichtjahre später fühle ich seine Zunge,
die sich langsam zwischen meinen Lippen hindurch schiebt. Einladend öffne ich
meinen Mund und ignoriere diese leise Stimme in meinem Innern, die mir
weismachen will, dass hier etwas verdammt falsch läuft. Mit beiden Armen
umschlinge ich ihn und ziehe ihn noch näher zu mir heran. Ich ertrinke
regelrecht in dieser Nähe, die ich mir so lange schon wünsche. Ich weiß nicht
wohin mit meinen ganzen Gefühlen und kann einfach nicht genug von ihm bekommen.
Meine Hände schlüpfen unter sein Hemd und berühren die nackte Haut darunter.
Sie ist warm und weich und ich streichle mit meinen Fingerspitzen jeden einzeln
Millimeter, den ich erreichen kann. Timo brummt genüsslich in unseren Kuss
hinein und ich werde mutiger. Ich taste mich zu seinem Hintern vor und gleite
darüber. Ich fühle deutlich die Gänsehaut, die sich dort gebildet hat. Seine
Hände sind indes auch nicht untätig. Mit klopfendem Herzen nehme ich zur
Kenntnis, dass er meine Hose aufknöpft und den Reißverschluss nach unten zieht.
In Erwartung dessen, was nun kommen wird, halte ich die Luft an. Und dann
berührt er mich. Es bedarf nur weniger Handgriffe, damit ich steinhart werde.
Ein lautes Stöhnen verlässt meinen Mund. Und dann ist plötzlich alles vorbei. Es
dauert einige Sekunden, bis mein benebeltes Hirn registriert, dass sich etwas
verändert hat. Timo ist von mir abgerückt und seine Augen blicken mir entsetzt
entgegen.
„Timo …“,
beginne ich.
Er schüttelt
energisch den Kopf. „Nein … nicht!“ Als ob er sich verbrannt hätte, nimmt er beide
Hände von mir. Als ich einen Schritt auf ihn zugehen möchte, weicht er so
panisch zurück, als würde er erwarten, dass ich ihm im nächsten Augenblick
einen Holzpflock durchs Herz treibe.
Tränen
steigen in mir hoch und bilden einen Kloß in meinem Hals. „Was soll ich tun,
Timo?“, frage ich verzweifelter, als ich es eigentlich wollte.
Er schüttelt
den Kopf und vergräbt anschließend beide Hände in seinem dunklen Haarschopf.
„Weiß nicht“, nuschelt er. „Es tut mir leid, es ist nur …“
Als er auch
nach einer gefühlten Ewigkeit nicht weiterspricht, frage ich nach: „Timo?“
Er wendet
sich von mir ab und starrt aus dem Fenster. „Ich möchte bitte alleine sein“,
antwortet er leise.
„Du willst,
dass ich gehe?“, vergewissere ich mich. Ich bin nicht sicher, ob ich ihn auch
wirklich richtig verstanden habe. Im Moment verstehe ich irgendwie überhaupt
nichts mehr. Was zum Teufel passiert hier gerade?
Nach kurzem
Zögern nickt er. Meine Erregung ist mittlerweile vollständig verschwunden. Das
erleichtert zumindest das Schließen meiner Hose. Betont leise verlasse ich die
Wohnung, auch wenn mir eher danach zumute ist, laut zu schreien und die Tür so
kräftig zuzuknallen, dass die Wände wackeln. Wie ich nach Hause gekommen bin,
weiß ich nicht. Ich bin wütend auf Timo,
vor allem aber auf mich selbst. Was bin ich nur für ein lausiger Freund.
Natürlich hat Timo den Anfang gemacht, aber ich hätte doch wissen müssen, dass
er noch nicht soweit ist. Aber ich musste ja wie ein liebeshungriger Idiot darauf
eingehen.
Auch am
nächsten Tag ist meine Laune nicht nennenswert besser. Timo ignoriert sowohl
meine Anrufe, als auch die beiden SMS, die ich ihm geschrieben habe. Daraufhin
beschließe ich, ihn zunächst in Ruhe zu lassen. Ich kenne ihn gut genug um zu
wissen, dass Beharrlichkeit es nur noch verschlimmern würde. Auch wenn ich ihn
wohl nie als Partner haben werde, als Freund möchte ich ihn unter keinen
Umständen verlieren. Am darauffolgenden Tag erreicht mich eine Nachricht von
ihm. „Muss nachdenken“ lautet der Inhalt.
*
In den
nächsten Tagen lade ich mir selbst so viel Arbeit auf, dass ich gar keine Zeit
habe, über Timo nachzudenken oder gar bei ihm aufzutauchen. Das funktioniert
überraschend gut, denn abends bin ich so müde, dass ich wie ein nasser Sack ins
Bett falle. Mittlerweile ist es Heilig Abend und es herrscht immer noch
Funkstille. Wie in den vergangenen Jahren, werde ich den 24.12. bei meiner
Schwester verbringen. Das handhaben wir bereits seit Jahren so. Einmal war
sogar Timo dabei, das war allerdings, bevor er Stefan kennengelernt hat. Große
Lust habe ich offen gestanden nicht aber meinen Versuch abzusagen, hat Miri sofort
im Keim erstickt: „Du kommst her, basta. Deine Ausreden kannst du dir sonst
wohin schieben“, war ihre Antwort gewesen. Im Nachhinein betrachtet bin ich
froh darüber, dass Miri so resolut war. Sie und ihre Familie haben mich Timo
für ein paar Stunden vergessen lassen. Allerdings hat sie mir zum Abschied auch
einige Dinge in meinem Kopf zurecht gerückt, die ich insgeheim eh schon ahnte.
Ich wollte sie zwar nicht hören, aber das hat Miri noch nie abgehalten. Mir tönen
immer noch ihre Worte im Ohr. Vielleicht hat sie recht. Vielleicht sollte ich
mir Timo wirklich aus dem Kopf schlagen. Wie soll denn jemals ein anderer Mann
eine Chance haben, wenn er ständig einem Vergleich mit Timo standhalten muss?
Dementsprechend deprimiert bin ich, als ich die Stufen zu meiner Wohnung hinauf
steige. Mit dem, was mich allerdings auf dem obersten Treppenabsatz erwartet,
hätte ich nicht gerechnet. Überrascht und besorgt zugleich halte ich inne.
„Timo? Ist
etwas passiert?“, frage ich zögernd nach.
Er schüttelt
den Kopf. „Nein … vielleicht doch. Können wir drin reden? Ich friere mir hier
draußen nämlich langsam die Eier ab.“
Trotz meiner
Sorge um ihn schmunzle ich insgeheim. Solche Dinge habe ich ihn schon sehr
lange nicht mehr sagen hören. Die aufkeimende Hoffnung lässt sich nur leidlich
wieder niederringen. Alles, was meine Schwester zu mir gesagt hat, ist wie
weggefegt. Wenn es um Timo geht, scheint mein Herz lernresistent zu sein.
Ich schließe
die Wohnungstür auf und lasse ihn eintreten.
„Kaffee?“,
frage ich und fühle mich augenblicklich in der Zeit um einige Tage
zurückversetzt.
„Gerne“,
antwortet er und peilt das Wohnzimmer an. Als ich ihm einige Minuten später mit
zwei Bechern Kaffee folge, sitzt er auf dem Sofa. Er hat meine Wolldecke fest
um sich geschlungen und starrt auf einen imaginären Punkt vor sich. Nachdem er
seine Hände aus der Decke geschält hat, drücke ich ihm den heißen Kaffee in die
Hand. Er umfasst ihn mit beiden Händen und schließt genüsslich die Augen. Nachdem
er einen kleinen Schluck genommen hat, sieht er mir direkt in die Augen. Ich
habe mich inzwischen neben ihn auf das Sofa gesetzt. Mit gebührendem Abstand.
„Es tut mir
leid“, sagt er lapidar.
Ohne
nachfragen zu müssen weiß ich, dass er den Tag seines Friedhofbesuches meint,
beziehungsweise das, was danach geschehen ist.
„Das was ich
getan habe, war ein Fehler“, beginnt er. Ich schließe die Augen und schüttle
den Kopf. Er soll nicht weitersprechen, ich möchte nicht hören, wie falsch es
war, mich zu küssen. In meinem Innern wächst ein Brocken, der mir tonnenschwer
im Magen liegt. Ich öffne den Mund, um zum Widerspruch anzusetzen.
„Nein!“,
bestimmt er. „Lass mich ausreden.“
Ich seufze
leise, tue jedoch, wie mir geheißen.
„Ich habe
Stefan wahnsinnig geliebt – das tue ich noch. Und ich werde es noch tun, wenn
ich meinen letzten Atemzug mache.“ Mein Mund wird staubtrocken. Miri hatte recht,
mit jedem einzelnen, verdammten Wort.
„Als ich …
als wir … ich habe mich schuldig gefühlt, als ob ich Stefan betrügen würde,
verstehst du?“
Nein, ich
verstehe nicht. Und ich glaube, dass ich es auch gar nicht verstehen möchte.
„Diese
beiden Wochen … ich hatte eine Menge Zeit zum Nachdenken und dabei ist mir
etwas klar geworden.“
Ich klammere
mich an meiner Tasse fest und sehe ihn an.
„Ich muss
Stefan los lassen. Bis vor ein paar Wochen war allein der Gedanke daran
unerträglich. Bei all meiner Trauer, habe ich vergessen zu leben. Habe ich dir
je gesagt, dass ich am Anfang immer noch mit ihm geredet habe? Er saß beim
Frühstück neben mir, ist mit mir zusammen in den Supermarkt. Ich habe mich so
sehr an ihn geklammert, dass ich mir sogar eingebildet habe, ihn zu riechen.
Das Schlimmste aber war, dass ich mich nie richtig von ihm verabschieden
konnte. Sie haben nicht zugelassen, dass ich ihn mir noch einmal anschaue. Ich
solle ihn so in Erinnerung behalten, wie er war, haben sie gesagt.“
„Sie wollten
dich schützen“, verteidige ich Stefans Familie.
„Ich weiß,
aber es hätte nicht ihre Entscheidung sein dürfen, sondern meine“, erwidert er.
„Aber okay, daran lässt sich jetzt ohnehin nichts mehr ändern. Was ich
jedenfalls damit sagen wollte: ich hätte dich nicht so überfallen dürfen, aber
vor allem hätte ich dich anschließend nicht wegschicken dürfen. Ich mag dich
nämlich. Ich mochte dich schon immer.“
Moment,
jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr. Bei ‚ich liebe Stefan‘ ist mein Herz
irgendwie ausgestiegen.
„Wie du
magst mich?“, will ich irritiert wissen.
„Naja mögen
eben … im Sinne von mit dir zusammen sein wollen“, erklärt er mit einem fast
schon ungeduldigen Unterton.
„Aber … warum
hast du denn nie etwas gesagt?“, japse ich. Ich stehe kurz davor zu
hyperventilieren und vermutlich werde ich gleich platzen.
„Benedict,
kannst du dich auch nur an eine Situation erinnern, in der ich von mir aus auf
einen anderen Mann zugegangen wäre?“, erklärt er mir.
Stimmt, das
hat er noch nie getan. Er sieht fantastisch aus, er könnte an jedem Finger fünf
Männer haben – aber er ist im Grunde seines Herzens furchtbar schüchtern.
„Bene?“
„Was?“,
piepse ich. Meine Stimme klingt viel zu hoch.
„Es wäre
gut, wenn du jetzt dazu etwas sagen würdest, bevor ich mich komplett zum
Trottel mache.“ Seine Wangen sind gerötet.
Ich hole
einige Male tief Luft. Die ganze Zeit über hat meine Angst vor einer
Zurückweisung mich davon abgehalten Farbe zu bekennen, doch damit ist jetzt
Schluss. Und dann sage ich, was ich hätte längst schon aussprechen sollen: „Ich
war in dich verliebt von der ersten Sekunde an. Und heute – heute liebe ich
dich mehr denn je.“
Ein Lächeln
breitet sich auf seinem Gesicht aus. Genau das Lächeln, das ich so sehr
vermisst habe. Seine Nase kräuselt sich ein klein wenig und man sieht diese
kleine sexy Lücke zwischen seinen Schneidezähnen. Und plötzlich ist sie da …
diese Gewissheit, dass alles gut werden wird.
~*** Ende ***~
Ich wünsche euch und euren Lieben ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest.
Das 12. Türchen findet ihr ab dem 12.12.2012 auf Sigrids Blog (http://sigridfrings.blogspot.de/)
Guten Morgen!
AntwortenLöschenDanke für diese Geschichte. So traurig und doch so voller Hoffnung.
Liebe Grüße und eine schöne Adventszeit.
Steffi
Wieder eine Geschichte, die einen die Tränen in die Augen schießen lässt.
AntwortenLöschenManchmal lohnt es sich eben geduldig zu sein ...
Vielen Dank für deinen sehr süßen Beitrag!
lg
karo
Guten Morgen!
AntwortenLöschenEine tolle Geschichte, die traurig beginnt und am Ende
die Glocken läuten lässt. Außerdem endlich mal ein
Weihnachtsfan, der Timo!
LG
Martina
Es muss Timo sehr viel Überwindung gekostet haben sich einzugestehen Stefan gehen zu lassen und sich jemand neues zu zuwenden.
AntwortenLöschenFür Bene ging damit ein Herzenswunsch in Erfüllung.
LG Piccolo
OH Mann, das ist schön, auch wenn es sicher schwer ist, zu wissen, dass man immer die "zweite Wahl" ist ... aber sie scheinen einen guten Start hinzulegen :D
AntwortenLöschenLG Katrin
Schöne, emotionale Story die trotz allem auf ein Happy-End hoffen lässt. Tränchen wegwisch.
AntwortenLöschenLG Rita
Bei der Stelle, wo Timo von seiner Trauer erzählt, sind meine Augen wirklich etwas heiß geworden. Sehr schöne Geschichte, hat mir gut gefallen. :)
AntwortenLöschenLG
Lelis